Dichterlesung: Erzählungen aus der Justiz

Die Schülerinnen und Schüler der Klassen WVK 10 b, NBä 12 b, WIN 10 b und WBK 11 c füllten den Saal S 114 fast bis auf den letzten Platz und lauschten gespannt dem Schriftsteller Benno Hurt, der auf seiner Lesereise durch die Oberpfalz im November auch unsere Schule besuchte. Gefördert wurde die Lesung auch diesmal vom Friedrich-Bödecker-Kreis.

Der Autor, pensionierter Jugendrichter, preisgekrönter Schriftsteller und Fotograf, Kulturpreisträger der Stadt Regensburg, las nicht einfach einzelne Erzählungen aus seinem Buch ‚Der Samt der Robe', sondern beschrieb zudem teils liebevoll ironisch, teils drastisch deutlich die tatsächlichen Fälle, die ihn zum Schreiben der ‚Erzählungen aus der Justiz' animiert haben. So merkten die Zuhörer rasch, dass der Gerichtsalltag keineswegs dem Bild entspricht, das im Fernsehen gezeigt wird. Sie konnten klar erkennen, dass diese Geschichten nicht ausgedacht sind, sondern das wahre Leben beschreiben, gebrochen zwar, reflektiert und verfremdet, aber immer noch wirklich. So wirklich, dass ein ehemaliger Kollege aus dem Landgericht glaubte, sich in einer der Figuren wiederzuerkennen und eine einstweilige Verfügung gegen das Buch erwirkte. Um der angedrohten Strafe von 250 00 Euro zu entgehen, musste in allen noch vorhandenen Exemplaren der Name der betreffenden Person geschwärzt werden. Diese und andere Episoden wirkten, nachdem sie ja gut ausgegangen waren, auf das Publikum eher erheiternd. Zugleich aber wiederholten und verdeutlichten sie Begriffe aus der Justiz und verbanden so diese besondere ‚Deutschstunde' mit dem Fach Sozialkunde.In den beiden Erzählungen ‚Die Gerichtsreporterin' und ‚Die Besuchserlaubnis' nimmt Benno Hurt die Sensationsgier des modernen Menschen und die Rolle der Medien aufs Korn. Nicht nur die Gerichtsreporter oder das Publikum bei den Verhandlungen, sondern die Öffentlichkeit allgemein sehnen sich geradezu nach Gewaltschilderungen. Noch nachdenklicher wurden die jugendlichen Zuhörer, als der Ex-Richter die Missstände im Strafvollzug ansprach, wie zum Beispiel die brutale Gewalt von Häftlingen untereinander. Schon aus diesem Grunde sei jeder Richter nicht nur der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet, sondern ebenso der Menschlichkeit. Auch hierzu nannte der Vortragende aktuelle Beispiele und beantwortete Fragen der Zuhörer.Die erschütternde Geschichte ‚Andrej oder Die Lichter der Stadt' bildete den dramatischen Höhepunkt. Mit einfachen Worten, die aber gerade deshalb so unter die Haut gehen, schildert Hurt hier das Schicksal eines jungen Rußlanddeutschen. Nirgendwo wirklich daheim, gerät dieser in den Teufelskreis von Jugendkriminalität und Drogenabhängigkeit. Beherrscht vom ‚Gesetz der Straße' und seiner Gruppe hörig, führt sein Weg in die Katastrophe.

Der Beifall der Berufsschüler/Innen zeigte deutlich, dass ihnen die Lesung sehr gefallen hat. Manch einem wird das Gehörte noch länger durch den Kopf gehen. Damit hat der Autor viel erreicht. Herr Hurt wiederum freute sich über das kleine Andenken, das ihm der Fachbetreuer überreichte: eine Buchstütze, von Schülern der Holzabteilung angefertigt.

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